Für sein Buch “Aftermath” (Hatje Cantz Verlag, 148 Seiten, 58 Euro) ist Jörn Vanhöfen um den gesamten Erdball gereist und hat Orte aufgesucht, die sich verändern oder an denen sich vorhergegangene Veränderungen zeigen lassen – wobei Veränderungen hier immer eine negative Konnotation hat, schließlich geht es in seinen häufig verstörenden und beängstigenden Bildern um menschliche Hinterlassenschaften. Es sind Orte, die einmal ein Symbol für Fortschritt und Entwicklung waren und heute leer stehen und verfallen wie der niederländische Pavillon auf dem Expo-Gelände in Hannover oder das fensterlose Backsteingebäude in der ehemaligen Autostadt Detroit, vor dem schwarze Limousinen wie Teilnehmer eines Trauerzuges stehen. Es sind aber auch Industriebrachen und Müllhalden, nuklear oder chemisch verseuchte Landschaften oder menschenfeindliche, urbane Ballungsräume.
Leider liegt genau da die Schwäche von „Aftermath“. Vanhöfen sind zweifelsohne großartige Fotografien „vom Zustand unserer Welt“ gelungen, aber er spannt den ganz großen Bogen – und will dadurch vielleicht ein bisschen zu viel. Während sich Edward Burtynsky mit „Oil“ auf den Weg des Erdöls von der Förderung über die Weiterverarbeitung und den Konsum bis zur Entsorgung konzentriert, Pieter Hugo mit „Permanent Error“ den brutalen Alltag auf einer einzige Müllhalde für Elektroschrott in Agbogbloshie in Ghana zeigt und Georg Aerni in „Sites & Signs“ den Einfluss von Architektur auf unser Leben darstellt, sensibilisieren sie den Betrachter gleichzeitig für diese Themen. Der 1961 in Dinslaken geborene Vanhöfen greift hingegen zu viele komplexe Themen auf einmal auf und springt mit ihnen hin und her. Dadurch entstehen zwar gute Querverbindungen, sorgen aber auch für ein Gefühl, dem Einzelnen nicht gerecht werden zu können. Im Grunde hätte er aus „Aftermath“ auch zwei oder drei Bücher machen können. Oder müssen.
Hinzu kommt, dass mich einige Bilder stark an Arbeiten anderer erinnern. Das liegt meist natürlich am nüchternen New Topographics-Blick, der nun einmal weit verbreitet ist. Manchmal liegt es aber auch daran, dass ich manche Motive nahezu genauso schon woanders gesehen habe. So hat Vanhöfen ein Haus unter einer Brücke in Zürich abgelichtet, das Georg Aerni bereits sieben Jahre zuvor (besser) fotografiert hat. Ein sehr ähnliches Foto, das ebenfalls im Buch vorkommt, hat Vanhöfen übrigens bereits 2005 in Duisburg aufgenommen. Und sein Bild Asok #797 von 2010 erinnert gleich in mehreren Details an Thomas Struths „Samsung Apartments“, die er 2007 in Seoul fotografiert hat. Insofern ist meine anfängliche Begeisterung für „Aftermath“ dann leider doch einer gewissen Ernüchterung gewichen.
Links: Hatje Cantz