Pangnirtung. Allein der Name verursacht mir leichtes Kopfzerbrechen. Er geht nur schwer über die Lippen, und auch nach dem zehnten Mal googeln schreibe ich ihn immer noch irgendwie falsch – mal fehlt ein N, dann hat sich plötzlich ein E hinein gemogelt. Und was soll der Name überhaupt bedeuten? Ist es vielleicht eine neue Technik bei der Durchnummeriung von laminierten Buchseiten?
Nein. Pagniertung Pangnirtung ist die zweitgrößte Siedlung auf Baffin Island, der größten Insel Kanadas. Der Name heißt übersetzt so viel wie „Platz des Karibubullen“. Das klingt eigentlich ganz hübsch, aber das war es schon mit der Idylle. Das muss sich wohl auch Robert Frank gedacht haben, als er 1992 der Einladung eines Freundes folgte und zum Polarkreis gereist ist. Fünf Tage war er in Pangnirtung, und die Bilder, die er dort gemacht hat, gehören zu den deprimierendsten Serien, die ich kenne. Besonders sein Foto „Aproach to Pangnirtung Airfield“ ist wunderschön, vor allem aber brutal und bedrohlich. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass mir jemals zuvor eine Landschaftsaufnahme Angst gemacht hätte.
Menschen gibt es auf Franks Bildern keine zu sehen, obwohl immerhin 1300 an diesem Küstenstreifen leben. Aber er hat ihre Häuser festgehalten – kleine, ungemütlich wirkende Holzhütten, hinteren deren Fenster fauchende Tiger oder die kanadische Flagge zu sehen sind. Am Ende des dünnen Buches, das nun bei Steidl erschienen ist (40 Seiten, 27 Schwarzweißfotografien, 25 Euro), landet Frank schließlich auf dem Friedhof mit seinen weißen Holzkreuzen.
„Pangnirtung“ ist ein sehr konsequentes Buch und ein Lehrstück dafür geworden, wie man mit wenigen Bildern einen Handlungsbogen aufbauen kann. Allerdings eines ohne Happy End. Aber wer hat damit noch ernsthaft gerechnet?
Link: Steidl