Noch bis zum 1. September ist im Museum Folkwang in Essen die Ausstellung „Made in Germany“ des 2006 verstorbenen Magnum-Fotografen Leonard Freed zu sehen. Er reiste in den 50er und 60er Jahren mehrfach durch Deutschland, weil er ein Panorama des vergangenen und gegenwärtigen Landes einfangen wollte. Entstanden ist dabei eine Art Zivilisationsstudie, die er schließlich 1970 unter dem Titel „Made in Germany“ als Fotobuch veröffentlichte.
Die große Stärke dieser Serie ist der interessierte, liebevolle, teilweise fast zärtliche, aber immer auch skeptische und deshalb hinterfragende Blick des Amerikaners auf die Deutschen. Das sieht man in seinen Bildern alltäglicher und bisweilen skurriler Szenen, das liest man aber vor allem auch in den begleitenden Texten, in denen er seine Verwunderung und sein Staunen beschreibt: Beim Bild einer Anti-Nazi-Demonstrantion, bei der ein Teilnehmer mit Hitler-Schnäuzer und -Frisur in die Kamera lächelt, fragt sich Freed, wie er sich heute sicher sein kann, dass der Mann schon immer ein Nazi-Gegner gewesen ist und „How do we know who is who in this land? Who has been the concentration camp inmate and who the guard?“. Das Buch ist voll von solchen Reflexionen und am Ende fragt sich Freed „In twenty-five years from now France will still be France, England will remain England and what can we expect to change in Italy … but Germany, what will be of Germany in twenty-five years?“.
In der Ausstellung wirkt diese Text-Lastigkeit in Kombination mit den kleinen Vintage-Abzügen hingegen etwas ermüdend und die Ausstellungsarchitektur zusätzlich etwas verwirrend: Ständig fragt man sich, ob man bereits in diesem und in jenem Raum gewesen sei. Eine eindeutige Führung wäre hier von Vorteil gewesen.
Umso schöner, dass es das Original-Fotobuch nun wieder als Reprint gibt: Der Steidl-Verlag hat es anlässlich der Ausstellung gemeinsam mit dem Folkwang veröffentlicht – zusammen mit einem 80-seitigen Beiheft mit dem Titel „Re-Made“, in dem es um die damalige Rezeption des Buches in den USA geht und in dem weitere, noch unbekannte und teilweise erst später entstandene Fotos gezeigt werden. Im Handel kostet es 48 Euro, im Folkwang Museum 38 Euro.
Links: Museum Folkwang, Steidl