Es ist ein kleines Buch, völlig unprätentiös und ohne lange, erklärende Texte. Die einzigen Informationen, die man bekommt: Die Fotos wurden zwischen 1970 und 1980 in den Niederlanden aufgenommen und die gezeigten Personen sind Familienangehörige und Freunde. Aber das hätte man sich auch denken können, so vertraut scheinen sich die Menschen zu sein und so intim sind die Momente, an denen uns Bertien van Manen teilhaben lässt. Und so leicht, im wahrsten Sinne des Wortes unbeschwert. Und auch so frei von gesellschaftlichen Konventionen, Moralvorstellungen und Political Correctness – zumindest gemessen an heutigen Maßstäben.

Aufgenommen wurden die Schwarzweiß-Bilder in den Ferien, das Leben ist ein einziges Abenteuer. Die Kinder laufen, spielen, schwimmen, klettern nackt von Bild zu Bild, verkleiden sich, posieren, albern herum, probieren sich aus, zünden sich Zigaretten an, halten Bierflaschen in den Händen und schmiegen sich an ihren Vater, der gutaussehende Erwachsene, der am häufigsten auf den Bildern zu sehen ist und dabei selbst oft unbeschwert wirkt, als wäre er eigentlich ein Kind im Körper eines Mannes.

Es gibt auch Fotos von Bertien van Manen selbst. Auf einem räkelt sie sich ebenfalls nackt und gähnend auf dem Fensterbrett. Es ist nicht nur schön, unverstellt, natürlich und erotisch, sondern auch voller Symbolkraft. Denn auf dem Bett vor ihr liegt ein Notizblock, ein Kontaktbogen – und „The Americans“ von Robert Frank. Das Buch ist nicht nur eines der populärsten der Fotografiegeschichte überhaupt, sondern hat auch van Manen stark beeinflusst. Nach der Lektüre soll sie sich jedenfalls von der Modefotografie ab- und einer Fotografie, in der sie eine Beziehung zu ihrem Gegenüber aufbaut, zugewandt haben. Man gewinnt fast den Eindruck, als wären diese privaten Urlaubsfotos ihre Spielwiese, auf der sich die 1942 geborene Niederländerin ausgetobt und ausprobiert hat.

Und die sie anschließend wieder vergessen hat. Es soll ihr Sohn gewesen sein, der Bertien van Manen an ihr wunderbares Urlaubsarchiv erinnert hat. Man möchte sich dafür bei ihm bedanken.

„Easter and Oak Trees“ ist bei Mack Books erschienen. Es hat 112 Seiten und kostet 30 Euro.

Link: Mack