Es ist eines der Paradoxa der Fotografie, dass sie immer einen Zeitpunkt festhalten will, physikalisch aber immer nur einen Zeitraum erfassen kann – egal, ob dieser fünf Minuten oder ein Hundertstel einer Sekunde lang ist. Einen Zeitpunkt kann es in der Fotografie gar nicht geben, weil ansonsten das Licht gar keine Gelegenheit hätte, sich auf dem Film oder dem Sensor einzuschreiben.

Vielleicht mag eine solche Diskussion akademisch und realitätsfremd klingen, doch für Michael Wesely ist sie die Basis seines gesamten künstlerischen Schaffens – und das seit bereits 30 Jahren. Außergewöhnlich lange Belichtungszeiten von fünf Minuten für Porträts bis zu mehreren Jahren für Landschafts- und Baustellenfotografien sind sein Markenzeichen. Das ist radikal und zugleich ganz nah dran an der Essenz und den grundsätzlichen Fragen der Fotografie: Was ist ein Augenblick? Was ist das Jetzt und was die Vergangenheit und wie kann beides in nur einer einzigen Aufnahme existieren?

Im Steidl-Verlag ist sein neues Buch „The Camera was Present 2010-2020“ erschienen und meine Besprechung dieses Buches in der Photonews. Den Text findet ihr hier.

Links: Michael Wesely, Steidl, Galerie Fahnemann