Mit großem Interesse und ebenso großer Sorge und Fassungslosigkeit habe ich im Juni die Proteste rund um den Gezi-Park und dem angrenzenden Taksim-Platz verfolgt – nicht zuletzt auch deshalb, weil ich Freunde habe, die in Istanbul leben.

Nun hat einer von ihnen die Auseinandersetzungen in einer besonderen Publikation verarbeitet: „#Taksim Calling“ hat Frederic Lezmi dieses Fotobuch genannt,das er gemeinsam mit Markus Schaden und Wolfgang Zurborn editiert hat und das in seinem kleinen Eigenverlag Sunday Books erschienen ist. Eigentlich ist es gar kein richtiges Buch, sondern eher eine Art zusammengelegte Postersammlung: Groß wie eine Tageszeitung beinhaltet es Vergrößerungen von Postkarten mit alten Ansichten vom Taksim-Platz. Auf der Rückseite hat Lezmi dann seine persönlichen Grüße zu den idyllischen Ansichten verfasst – in Form von Fotos, die er vor Ort von den Demonstrationen, Tränengasangriffen, provisorischen Barrikaden und übermalten Parolen an Häuserwänden gemacht hat, aufgenommen mit seinem Handy und versehen mit dem für heute typischen digitalen Polaroid-Rand. „#Taksim Calling“ wirkt dadurch leicht und verspielt, hat es mit seinen Andeutungen und Doppeldeutigkeiten aber in sich: Das Zeitungsformat als Kritik an den türkischen Medien, die nahezu nichts über die Proteste gebracht haben; die Postkarten-Idylle, die es längst nicht mehr gibt; und die eigentlichen Fotos im Look eines harmlosen Facebook-Urlaubsfoto-Albums vom letzten Istanbul-Trip.

Als zusätzliches Zeichen der Solidarität hat sich Lezmi außerdem dazu entschieden, sein Fotobuch jedem zu schenken, der einen türkischen Pass besitzt. Alle anderen müssen 15 Euro für dieses besondere Stück bezahlen.

Link: Frederic Lezmi