Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, fuhr der Kölner Fotograf Josef Šnobl nachts Taxi. Er hasste es und kam doch nicht davon los – 25 Jahre lang. Immer mit dabei hatte er seine kleine Kamera, mit der er Straßenszenen und Begegnungen mit Fahrgästen fotografierte. Zurück zu Hause schrieb er seine Erlebnisse und Gedanken in seine unzähligen Tagebücher und ergänzte sie um Fotos, Zeitungsartikel und anderes Ephemeres.

Diese Aufzeichnungen bildeten die Grundlage für sein 2019 erschienenes Fotobuch „Nachtfahrt“ (Emons Verlag, 25 Euro), das so schwer, schwarz und dicht ist wie ein Stück Brikett. Es ist eine intensive Reise ans Ende der Nacht mit wunderbar lakonischen und intelligenten Texten und schwarzgrauen, oft leicht verwackelten Fotografien, die mehr einem Gefühl als einer Dokumentation gleichen.

Josef hatte mich damals gefragt, ob ich im Rahmen einer Buchvorstellung ein Künstlergespräch mit ihm führen würde, was ich sehr gerne getan hätte. Leider mussten wir das damals verschieben, weil er plötzlich schwer erkrankte. Vor einem Jahr starb er schließlich, was ein Schock für mich war, weil ich davon ausgegangen war, dass er sich auf dem Weg der Genesung befand. Im Austausch mit seiner Lebensgefährtin, die sich um seinen sehr umfangreichen Nachlass kümmert, erfuhr ich schließlich, dass der Regisseur Andreas Meidinger vom Bonner Fringe Ensemble „Nachtfahrt“ für die Theaterbühne adaptieren wolle. Was für eine großartige Idee, dachte ich. Und: Wurde eigentlich überhaupt schon einmal ein Fotobuch auf die Bühne gebracht?

Im November 2021 fand die Premiere schließlich statt und ich war sehr begeistert – auch wenn Fotografie eigentlich über weite Teile kaum eine Rolle spielte. Für die Kunstzeitung habe ich einen kurzen Bericht geschrieben, den es hier als PDF gibt. Außerdem habe ich gerade entdeckt, dass es im März und April weitere Aufführungen in Bonn geben soll, die ich euch sehr empfehlen möchte!

Und noch eine Info: Im Kunstverein Pumpwerk in Siegburg eröffnet am 2. April 2022 eine Ausstellung mit vier Arbeiten von Josef Šnobl – darunter natürlich auch Nachtfahrt. Vielleicht sehen wir uns dort!

Links: Fringe Ensemble, Emons Verlag, Pumpwerk