1986 ist der damals 25-jährige Michael Kerstgens eine Woche nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl aufgebrochen, um im Rahmen eines (eher ungewöhnlichen) Stipendiums das Freizeitverhalten der Deutschen zu dokumentieren. Die Fotos wurden anschließend auf der Wohnwagenmesse in Essen gezeigt – und verschwanden anschließend in seinem Archiv. Während der ersten Corona-Welle im vergangenen Jahr fühlte er sich durch die menschenleeren Straßen an die Zeit direkt nach Tschernobyl erinnert und holte den Leitz-Ordner mit der Aufschrift „Freizeit 1986“ wieder hervor. Mit dem Abstand von fast 35 Jahren sah er die Fotos mit neuen Augen und endwickelte ein Buch aus ihnen, das nun im Verlag Hartmann Books erschienen ist. Denn rückblickend sind Kerstgens‘ Fotos mehr als nur ein Projekt über die Freizeit in Deutschland: Sie sind eine wunderbare kleine Dokumentation und Sozialstudie über das Jahr 1986 und eine kleine Reise „Zurück in die Gegenwart“, wie es auf der Buchrückseite steht.

Im Rahmen von Photoszene United zeigt Kerstgens eine kleine Auswahl seiner Fotos bei Art Book Cologne in Köln-Deutz. Im Photoszene Livingroom sprach ich mit ihm über sein Projekt, die Umbrüche der damaligen Zeit, den Faktor Zeit beim Betrachten und Bewerten von Fotografien und wie man als Fotograf unsichtbar wird.

Links: Michael Kerstgens, Hartmann Books, artbooksonline.eu