Bereits „Hijacked – Volume One“, erschienen 2008 bei Big City Press, war ein wunderbares Buch. Damals stellte der Initiator und Herausgeber Mark McPherson zusammen mit Max Pam australische und us-amerikanische Fotografen in einem gemeinsamen Band vor – darunter gute bis fantastische Positionen von Robin Schwartz, Brian Cross, Amy Stein, Greta Anderson, Sarah Small und Juha Tolonen.

Nun hat Big City Press gemeinsam mit dem Heidelberger Kehrer-Verlag die Fortsetzung „Hijacked – Volume 2“ in die Läden gebracht – dieses Mal mit australischen und deutschen Fotografen und mitherausgegeben von Ute Noll und Markus Schaden. Das schicke Lesebändchen vom ersten Teil gibt es nicht mehr, dafür bekommt man aber noch mehr Seiten, die auch noch richtig gut gefüllt wurden mit junger, aufrüttelnder, poetischer, verstörender, verträumter Fotografie.

Das fängt schon beim Cover an, das das Bild „Reita“ von Oliver Sieber ziert und das zurzeit auch noch in der Ausstellung Imaginary Club in der Kölner Galerie Priska Pasquer zu sehen ist: Warum zum Teufel hat diese Frau eigentlich eine weißes Stirnband quer über das Gesicht laufen, das nur ihre Nase verdeckt? Es geht weiter mit Arbeiten von Josef Schulz, Jan von Holleben, Johanna Ahlert, Olaf Unverzart, Jens Liebchen, Myriam Lutz, Julian Röder, Ivonne Thein, Albrecht Fuchs, Nathalie Bothur, Jörg Brüggemann, Anne Lass, Karsten Kronas, Sascha Weidner und Thekla Ehling – kurzum: fast ausnahmslos sehr gute und eigenständige Positionen, die einen guten Überblick über die junge, zeitgenössische Fotografie bietet – mit einer nicht ganz unwichtigen Ausnahme: Fast keiner der deutschen Fotografen fotografiert deutsch, also im Sinne der Neuen Sachlichkeit und der Becher-Klasse. Offensichtlich wurde viel Wert darauf gelegt zu zeigen, dass man hierzulande auch anders fotografieren kann, was ich persönlich für sehr gut und wichtig halte.

Im Mittelteil gibt es mehrere Texte, dann begegnet dem Betrachter in der australischen Hälfte erst einmal einem jungen, nacktem Paar, das im offenen Kofferraum ihres Kombis sitzt: Bronek Kózka hat im Gregory-Crewdson-Jeff-Wall-Stil inszeniert – allerdings nicht ganz so gut, weil nicht so geheimnisvoll. Andere Arbeiten haben mir da deutlich besser gefallen – zum Beispiel die von Ingvar Kenne, Conor O’Brien, Polixeni Papapetrou, Derek Henderson und auch Louis Porter, Andrew Cowen und Michael Corridore. Sehr amüsiert habe ich mich übrigens auch bei Jackson Eaton und seinem Bild „Hasisi holding my foreskin in her teeth“. Ich denke, ich brauche nicht näher zu beschreiben, was darauf zu sehen ist.

Wenn mir auch persönlich nicht alle Fotografen so ganz zusagen, bleibt mir doch nichts anderes übrig, als für „Hijacked 2“ eine uneingeschränkte Kaufempfehlung auszusprechen: Das Buch ist eine sehr gelungene Zusammenstellung junger, zeitgenössischer Fotografie jenseits des Mainstreams und dürfte auch in Zukunft immer wieder zum Schmökern und Nachschlagen einladen.