Das Fotografenduo Yves Marchand und Romain Meffre hat wieder zugeschlagen: Nach ihrem umwerfenden Buch „The Ruins of Detroit“ haben sie sich nun mit Ruinen ganz anderer Art auseinandergesetzt: Die japanische Insel Hashima wird ihrer Silhouette wegen auch Gunkanjima, also Kriegsschiff-Insel, genannt. Passender wäre jedoch Totenschiff-Insel, denn an dem skurrilen Ort lebt seit 40 Jahren kein Mensch mehr. Dabei gehörte Hashima wegen seiner Kohlemine einmal zu den dichtbesiedelsten Orten der Welt: In den 1950er Jahren lebten mehr als 5000 Menschen auf der nur sechs Hektar großen Fläche. Als die Mine schloss, verließen sie jedoch fluchtartig die Insel und ließen viele private Gegenstände zurück.

Die Bilder, die das Duo Marchand und Meffre von diesem düsteren, halb verfallenen Ort mitgebracht haben, sind eindrucksvoll und verstörend. Dabei wandern sie durchaus auf einem schmalen Grad – schließlich liegt das sogenannte „Urban Exploration“ aktuell schwer im Trend. Ich kann mit diesem meist inspirationslosen Geknipse von verlassenen Orten wenig anfangen. Marchand und Meffre fotografieren jedoch mehr als bloß Staub und Dreck, sondern blicken auf einen völlig in Vergessenheit geratenen Ort, der bereits zu Lebzeiten skurril war und nun als Art begehbares Denkmal einer ganzen industriellen Epoche gesehen werden kann – und letztlich auch als Zeichen für den Umgang des Menschen mit seinen Ressourcen und seiner Geschichte. „Gunkanjima“ ist im Steidl Verlag erschienen, hat 80 Seiten und kostet 65 Euro.

Und noch ein kleines Schmankerl zum Schluss: Googelt doch mal nach Gunkanjima – der Konzern hat nämlich jemanden von seiner StreetView-Mannschaft dort vorbei geschickt.

Links: Steidl