Das Fotobuch lebt. Das merke ich nicht nur daran, dass die Zahl der Publikationen, speziellen Buchläden, Internetblogs, Festivals und nicht zuletzt auch die Preise für vergriffene Exemplare ständig steigen. Ich merke es auch, weil der Kölner Taschen Verlag, der ja eher für Mainstream-Ware bekannt ist, nun einen dicken Wälzer (444 Seiten, 49,99 Euro) zu diesem Thema herausgebracht hat. Der Titel „Fotografen A-Z“ suggeriert eher ein Fotografen-Lexikon wie die ebenfalls bei Taschen erschienene Foto:Box, doch es geht in dem Buch von Autor Hans-Michael Koetzle tatsächlich weniger um die Fotografen, sondern vielmehr um ihre „schönsten Monografien“, wie es in der Pressemitteilung heißt.
So ist das Buch nun auch eine Art Enzyklopädie geworden, streng alphabetisch (und nicht etwa chronologisch) geordnet, die kompetent Auskunft geben will, die aber nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Wie soll sie auch? Dafür lädt sie ein zum ziellosen Blättern, Stöbern, Surfen – kurz: zum Entdecken. Und zu entdecken gibt es viel, denn das Buch geizt nicht mit großen, populären Namen wie Nobuyoshi Araki, Diane Arbus, Richard Avedon, Anton Corbijn, Peter Lindbergh, Man Ray, Robert Mapplethorpe, Helmut Newton, Leni Riefenstahl, Cindy Sherman, Wolfgang Tillmans, Ellen von Unwerth und Weegee, stellt aber auch weniger bekannte vor.
Das ist zwar alles schön und gut und lockt sicherlich auch Kunden an, die sich sonst eher nicht mit dem Thema Fotobuch auseinandersetzen würden. Wahrscheinlich aber auch nur die. Denn die Texte, die Koetzle dem interessierten „Leser“ liefert, sind wenig aufschlussreich: Ein als Fließtext getarnter Lebenslauf wird durch die Auflistung von Ausstellungen und weiteren Büchern des Fotografen angereichert. Auf die Bilder geht Koetzle kaum, auf die vorgestellten Monografien gar nicht ein. Dafür werden Journalisten, Kuratoren, Sammler, Fotografen und weitere „Foto-Prominente“ kurz zitiert und beziehen so wenigstens ein wenig Stellung.
Natürlich ist es nicht einfach, ein gescheites Buch über Fotobücher herauszubringen, schließlich haben Martin Parr und Gerry Badger mit „The Photobook: A History“ die Messlatte sehr hoch gelegt: Die zweibändige Publikation gilt heute als Kanon, Standardwerk und Bestellkatalog für Sammler zugleich. Der Taschen Verlag tut gut daran, sie nicht einfach zu kopieren. Gleichzeitig muss er dem Leser, der immerhin 50 Euro für „Fotografen A-Z“ hinblättern soll, inhaltlich mehr liefern als bloße Faksimiles aus Büchern und Zeitschriften. In der jetzigen Form wirkt es jedenfalls wie ein Schnellschuss aus der Hüfte und verkommt zum bloßen Coffee Table Book. Und genau das sollen gute Fotobücher ja eben nicht sein.
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