Das neue Buch „Brut“ des Österreichers Paul Kranzler ist eine Art Familienalbum, denn es zeigt sein sehr persönliches und direktes Umfeld. „Man wird so wie man ist in seiner Umgebung. Verwandte sind Bestandteil der genetischen Umgebung, und Unverwandte, die zu Verwandten werden, sind überhaupt die nächste Umgebung“, sagt Kranzler selbst. Dementsprechend wimmelt es nur so von Bildern, auf denen seine Onkeln, Tanten und Großeltern, Geschwistern und Cousins, Vater und Mutter, Freunde und Nachbarn zu sehen sind. Mal sind seine Aufnahmen streng dokumentarisch, dann wieder inszeniert; mal sind sie nüchtern, dann wieder lustig und emotional; mal sind sie etwas ganz besonders, dann wieder scheinbar gewöhnlich.

Ein wenig irritierend und trotzdem sehr gut sind die vier plötzlich auftauchenden Nacktaufnahmen (was mich ein wenig an Alec Soths „Niagara“ erinnert): Zwei zeigen Melanie, die offensichtlich seine Freundin ist, die zwei anderen seinen Vater – einmal unter der privaten Höhensonne (sehr lustig), und einmal im begehbaren Kleiderschrank auf dem Boden sitzend und nur mit „Mutters Fuchspelz“ bedeckt, während neben ihm der Korb mit den schmutzigen Socken liegt (sehr surreal). Zwischendurch gibt es immer wieder Dokumentarisches wie tote Motten auf Klebepapier, die alte Walther P38 von Onkel Edmund sowie sein absurdes Schlafzimmer, in dem die beiden Betten zwar direkt nebeneinander liegen, aber durch eine extra eingezogene Wand getrennt werden.

Das Buch selbst ist schlicht, aber gut gestaltet. Es gibt zwei begleitende Texte, die sich jedoch in einem separaten, 16-seitigen Booklet am Ende des Buches befinden: Das ist elegant und unaufdringlich gelöst, weil es den Ablauf der Bilder nicht stört – schließlich will ich bei einer CD auch nicht erst alle Credits hören, bevor die Musik startet.

Das Buch „Brut“ ist bei Fotohof Edition erschienen. Es hat 144 Seiten und kostet 39 Euro.

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