An dieser Stelle möchte ich einmal eine Zeitschrift vorstellen: Album, Magazin für Fotografie. Es wurde zwar bereits 2010 gegründet, ich habe es aber erst kürzlich entdeckt und bin insgesamt sehr begeistert von der im Nordischen Format daherkommenden Publikation. Für die, die nicht wissen, was das bedeutet: Aufgeschlagen misst Album satte 80 mal 57 Zentimeter. Damit ist das von Victor Balko, Oliver Dignal, Stefan Stark und der Hochschule für Gestaltung Offenbach herausgegebene Magazin äußert unhandlich. Das kann schon bei Zeitungen wie der Süddeutschen oder der Zeit etwas lästig sein, aber bei Album sorgt es für einen gewissen Stresslevel beim Lesen – zumindest bei Leuten wie mir, die vermeiden wollen, dass das gute Stück Knicke und Eselsohren bekommt, denn die drei bislang erschienenen Ausgaben, die jeweils einem Themenschwerpunkt gewidmet sind, machen wirklich was her.

In der Regel wird auf jeder Doppelseite ein fotografisches Projekt vorgestellt, das meist von einem sehr guten Text erklärt oder ergänzt wird. Die bisherigen Hefte hießen “Introducing”, “Same/Same” und “The White Album” und beschäftigten sich mit Themen, die das Medium Fotografie an sich hinterfragen, auf die Probe stellen und – um eine blöde Kritikerfloskel zu nutzen – ausloten. Während in der ersten Ausgabe noch viel ausprobiert und experimentiert wurde (was nicht heißt, dass es dort nicht trotzdem einen roten Faden gibt), waren die beiden nachfolgenden Hefte bereits monothematisch angelegt: In Heft 2 geht es um “die Möglichkeit des einzigartigen Bildes” und in Heft 3 um “Unsichtbarkeit in der Fotografie”.

Die Macher selbst beschreiben Album als “ein Spiegel, ein Sprungbrett, eine Spielfläche: ein Magazin für Fotografie. Eines, das sich der Fotografie ganz grundsätzlich verschrieben hat und den vielgestaltigen Aspekten, die sie ausmachen: Die Fotografie als Thema in Bild und Text im Sinne einer sprachlichen Auseinandersetzung. Oder, allgemein gesprochen, die Fotografie wie man sie wahrnimmt und wie wir sie ernst nehmen.” Und das machen sie so konsequent und harmonisch, dass das Ergebnis fast wie der Katalog zu einer Ausstellung wirkt, in der über Fotografie und die unterschiedlichsten Phänomene, die sich aus dem Medium ergeben, nachgedacht wird.

Dass das hier so besonders gut funktioniert und viele Themen vorkommen und angesprochen werden, mit denen ich mich selbst schon beschäftigt habe, könnte daran liegen, dass Album von Fotografen und nicht von Kunsthistorikern oder anderen Theoretikern gemacht wird. Der Ansatz der Album-Redaktion ist sehr praxisbezogen, zeugt aber zugleich von einer intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Medium – eine Auseinandersetzung, die ich bei Menschen, die selbst nicht fotografieren, nur sehr selten entdecke. Bei ihnen finde ich meist eine tiefe Sprachlosigkeit, die mittels kunsthistorischer Krücken überwunden werden muss. Das jedoch geht häufig genug schief, weil die Fotografie sich anderen Problemen ausgesetzt sieht als beispielsweise die Malerei oder weil Nicht-Fotografen fotografische Vorgehensweisen (technisch, gestalterisch und konzeptionell) nicht gut genug kennen und Manipulationen hilflos ausgeliefert sind. Ich will an dieser Stelle nur das Beispiel des renommierten Kunsthistorikers nennen, der sich in der “Lebensmittel”-Ausstellung von Michael Schmidt wunderte, dass dessen Fleischwurst nicht so lecker aussah wie in den Werbeprospekten des Supermarkts – schließlich sei es aber doch die gleiche Wurst, wie er ratlos feststelle.

Es wäre schön, wenn Album hier Abhilfe schaffen könnte.

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