Die Tage habe ich Post aus Brooklyn bekommen. Darin befand sich das Buch „Till Human Voices Wake Us“ von Kramer O’Neill, auf das ich mich sehr gefreut habe. Leider wurde ich enttäuscht – nicht von den Bildern, aber von der Qualität des Buches, an dem eigentlich nichts stimmte: Das Layout war uninspiriert und unruhig, das Papier gruselig, das Format schlecht gewählt und Umschlag und Bindung sahen aus wie bei Cewe bestellt. Leider hat es mir die eigentlich starke Serie, die ich bislang nur als Diashow auf seiner Internetseite gesehen hatte, gründlich vermiest. Der einzige Grund, warum ich es nicht sofort verkauft, verschenkt oder in die Tonne geworfen habe: Es ist immer noch ein gutes Beispiel dafür, was man alles falsch machen kann.

Erfreulicherweise ist es mir mit dem Buch (oder vielmehr mit der Zeitschrift) „Before Tomorrow“ von Yannik Willing eher anders herum gegangen. Willing beschäftigt sich in seiner Bachelorarbeit mit dem extremen Wandel, den das vom Bürgerkrieg gebeutelte Sri Lanka aktuell durchmacht und der auch noch nicht abgeschlossen ist. Dabei konzentiert er sich auf die Tourismusregionen, in denen die Vermarktung für einen internationalen Markt bereits begonnen hat, für das die Infrastruktur aber meist noch gar nicht vorhanden ist. Gleichzeitig interessiert ihn die Wechselwirkung von Postkolonialismus, Neokolonialismus und Tourismus im Zeitalter der Globalisierung.

Auch seine Arbeit habe ich zunächst im Internet gesehen: Die Mischung aus Porträts, Details und (urbanen) Landschaften spiegelt sehr den Geist und die Bildsprache der zeitgenössischen Dokumentarfotografie wider: Sie ist gut, aber sie haut mich auch nicht vom Hocker. Umso begeisterter war ich jedoch, als ich das fertige Buch in Form einer Zeitung und auch im entsprechenden Format (45 x 32 cm!) in den Händen hielt. Willing hat sich das sehr gut überlegt, denn weil sein Projekt noch nicht abgeschlossen ist, sollte auch nicht der Eindruck eines fertigen Buches entstehen: Die flüchtige Form der Zeitung, deren Informationen morgen schon wieder veraltet sein können, unterstreichen diese Absicht und gleichzeitig erhalten die Fotos den Raum, den sie brauchen. Selbst der eigentlich eher schwache Zeitungsdruck schadet den Bildern nicht – im Gegenteil. Form und Funktion gehen eine sinnvolle und ästhetisch äußerst ansprechende Symbiose ein und sind somit ein ganz klarer Beweis dafür, dass wir in Zukunft verstärkt auf die Layouter und Designer der Fotobücher achten sollten – und eben nicht nur auf die Fotografen.

„Before Tomorrow“ hat 60 Seiten, 31 Fotografien, kostet 18 Euro und kann über Yannik Willings Internetseite bestellt werden.

Link: Kramer O’Neill, Yannik Willing