Eigentlich mochte ich „Stags, Hens and Bunnies“ von Dougie Wallace nicht besonders, als ich es zum ersten Mal durchgeblättert habe. Es war mir viel zu laut, vor allem aber störte mich die Ästhetik der Bilder, bei denen die Farben alle aussehen, als wäre bei der Umwandlung von RGB zu CMYK etwas richtig schief gelaufen. Vielleicht ist es auch einfach der Tiefen/Lichter-Filter, der ohne Rücksicht auf Verluste zum Einsatz kam. Am Ende sehen die Menschen jedenfalls sehr krank aus.

Aber sei’s drum, irgendwie hat es mir „Stags, Hens and Bunnies“ dann doch angetan – in dieser direkten, ungeschönten Art gefällt mir das Buch mittlerweile doch sehr. Das liegt sicherlich auch am Thema, das es behandelt: Junggesellenabschiede. Das rangiert auf meiner persönlichen Abneigungsliste sogar noch vor Karneval – und als Kölner weiß ich ganz genau, warum ich sowohl um das eine als auch um das andere einen großen Bogen mache. Doch die mir bekannten Junggesellenabschiede sind offensichtlich nichts gegen die Partys, die jedes Wochenende in der englischen Hafenstadt Blackpool gefeiert werden. Und das ist jetzt nicht unbedingt positiv gemeint.

Die Fotografien von Dougie Wallace zeigen uns quasi vom ersten bis zum letzten Bild die Abgründe kostümierter, enthemmter und extrem sexualisierter Saufgelage: Bereits während der anfänglichen Zugreise kündigt sich der Wahnsinn deutlich an. In Blackpool angekommen sehen wir dann auch erst einmal einen mit Frischhaltefolie an einen Laternenpfahl gefesselten Mann mit heruntergelassener Hose, der zu allem Überfluss auch noch von Freunden (?) fotografiert wird. Warum einer von ihnen eine Rolle Küchenpapier unter seinen Arm geklemmt hat, erfahren wird nicht. Und ich will es auch gar nicht wissen. Normalerweise beendet man ein Buch mit einem solchen Bild – doch bei Wallace geht die Reise hier erst los. Die Sonne ist noch nicht untergegangen, da sehen wir schon nackte Ärsche, am Boden Liegende, aufgeschlagene Knie und den Totalverlust von Kontrolle und Selbstachtung sowieso. Großartig!

Aufgebaut sind Wallace Bilder dabei häufig gleich: Es gibt einen Hauptakzent in der Bildmitte, doch zahlreiche weitere Akzente drum herum, die das Bild erweitern oder ironisch brechen. Irgendwo passiert immer etwas. Das macht die Bilder zwar weniger pointiert, dafür aber vielschichtiger. Ich könnte auch sagen: subtiler. Wobei das Wort „subtil“ in diesem Zusammenhang eher deplatiert wirkt. Im Grunde ist die gesamte Serie eine Aneinanderreihung von Würdelosigkeiten.

Das steigert sich später entsprechend und endet in noch unschöneren Ansichten von … ich will es gar nicht beschreiben. Mit dem allerletzten Bild kriegt Wallace allerdings noch die Kurve und beweist Humor: Es zeigt eine lachende und extrem entspannt wirkende Frau, die nicht ihren Junggesellinnenabschied, sondern ihre Scheidung feiert. Über ihrem Bauch hängt eine Scherpe mit dem Aufdruck „Just divorced“. Sie ist (fast) die einzige Person, die wirklich glücklich aussieht auf den Bildern.

„Stags, Hens and Bunnies“ von Dougie Wallace ist bei Dewi Lewis Publishing erschienen. Das Buch hat 96 Seiten und kostet etwa 35 Euro.

Link: Dewi Lewis