Wann ist ein Porträt ein Porträt? Dieser Frage gehen viele Fotografen nach, erst kürzlich habe ich hier die Langzeit-Porträts von Michael Wesely vorgestellt.

Auch Martina Bacigalupo geht in „Gulu Real Art Studio“ (Steidl Verlag, 38 Euro) dieser Frage nach und zeigt uns das, was von Fotos übrig bleibt, wenn das offizielle Porträt für den Auweis mit einer Schablone aus ihnen herausgeschnitten wurde. Wir schauen auf Menschen, die auf einem Schemel sitzen. Fast immer gut gekleidet, zurechtgemacht fürs Passfoto. Die Hände brav auf den Oberschenkeln abgelegt, manchmal spielen sie mit den Fingerspitzen. Aber immer sind sie ohne Gesicht: An der Stelle des Kopfes blicken wir in ein weißes Rechteckt mit abgerundeten Ecken, das sich wie ein übergroßer Zensur-Balken übers Bild zu schieben scheint. Das, was wir nun sehen, war eigentlich für den Abfall gedacht. Und das, was wir nicht sehen, ist das Bild, dass der Staat von den Menschen haben will, um sie identifizieren zu können.

Aufgenommen wurden die Bilder im ältesten Fotostudio in Gulu im Norden Ugandas. Bacigalupo schafft mit ihrer Sammlung (nur scheinbar) immer gleicher Bilder eine Typologie einer Gemeinschaft – so präzise und subtil, wie es klassische Porträts kaum können.

Link: Steidl