Im Rahmen der großen Ausstellung Gegen jede Vernunft. Surrealismus Paris – Prag widmet sich der Kunstverein Ludwigshafen am Rhein ausschließlich der surrealistischen Fotografie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gezeigt werden über 180 Fotografien, überwiegend Vintage-Abzüge aus renommierten privaten und öffentlichen Sammlungen, sowie Zeitschriften und Bücher, wobei diese in insgesamt neun Einheiten wie „Porträt“, „Der fragmentierte Körper“ und „Traum und Vision“ gegliedert sind.

Die Schau ermöglicht dadurch einen umfangreichen Einblick in die Geschichte, die Entwicklung und Denkweise sowie in die Ästhetik  der surrealistischen Fotografie und ihrer Protagonisten. So beginnt sie mit Paris-Ansichten Eugène Atgets, die heute eher als Dokumentation durchgehen würden, die gleichzeitig aber die Absurditäten des Alltags aufzeigen, von denen sich viele inspirieren ließen. Ganz groß sind in diesem Zusammenhang auch die Aufnahmen von Éli Lotar aus den Schlachthöfen von la Villette sowie ihr Bild „Strafe“, das zwei abgetrennte und in Schuhe steckende, aber aufrecht stehende Jungenbeine zeigt. Die gehören offensichtlich nur zu einer Schaufensterpuppe, wirken aber dennoch (oder vielleicht auch gerade deshalb) faszinierend und verstörend zugleich.

Natürlich darf in einer Surrealistenausstellung Platzhirsch Man Ray nicht fehlen, der dann auch mit entsprechend vielen Aufnahmen, Collagen und seinen typischen „Rayogrammen“ vertreten ist. Er nahm in Paris eine herausragende Stellung ein und schuf mit eigens entwickelten Mitteln und Techniken Ikonen der inszenierten Fotografie. Viel spannender ist es jedoch weniger bekannte Bilder und Fotografen zu entdecken – Karel Teige zum Beispiel oder Emila Medková mit ihren häufig sehr düsteren und morbiden Inszenierungen. Oder aber Jindřich Štyrský, dessen „reale Collagen“ von Schaufenstern und Schaustellern, Spiegelungen und Überlagerungen mich stark an aktuelle Fotografen wie Wolfgang Zurborn oder den erst kürzlich von mir vorgestellten Frederic Lezmi erinnern.

Ebenfalls beachtenswert finde ich die Arbeiten, aber auch die Arbeitsweise Erwin Blumenfelds. Seine Begeisterung für den weiblichen Körper, aber auch für die Dunkelkammer und seine fast schon alchemistischen Nachbearbeitungstechniken erstaunen noch heute: Sogar Schimmel und Blitze eines Gewitters setzte er für die Vollendung seiner Werke ein.

Die Ausstellung „Gegen jede Vernunft“ im Kunstverein Ludwigshafen ist noch bis zum 14. Februar geöffnet.